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Leitfähigkeitsmessung metallischer Materialien

Geschrieben von Volker Hiller | Dienstag, 13.10.2020

Die elektrische Leitfähigkeit (Englisch: electrical conductivity, EC) ist eine physikalische Größe, die die Fähigkeit von Stoffen beschreibt, einen elektrischen Strom zu leiten. In der Elektrotechnik wird die elektrische Leitfähigkeit mit dem griechischen Zeichen Sigma abgebildet. Die abgeleitete SI-Einheit für die elektrische Leitfähigkeit wird in Siemens pro Meter (S/m) dargestellt.

Die Fähigkeit, elektrischen Strom zu leiten, ist abhängig von verschiedenen Faktoren. Zum Beispiel von den im Stoff vorhandenen mobilen Elektronen oder der Bauteilgeometrie. Grundsätzlich gilt, dass die elektrische Leitfähigkeit mit der Anzahl frei beweglicher Elektronen im Material zunimmt. Feststoffe oder granulate Stoffe haben damit unterschiedliche Leitfähigkeiten.   

In der Elektrotechnik spielt die elektrische Leitfähigkeit eine wichtige Rolle. Denn hier kommen Materialien zum Einsatz, die eine sehr gute elektrische Leitfähigkeit besitzen. Anwendungen sind beispielsweise verschiedene elektronische Bauteile auf einer Leiterplatte aus Materialien mit einer hohen Leitfähigkeit miteinander zu verbinden oder nicht elektrisch-leitfähige Stoffe als Isolation zu nutzen. 

 

In welchen Bereichen spielt die elektrische Leitfähigkeit eine wichtige Rolle?

Die elektrische Leitfähigkeit kommt in verschiedenen Industriezweigen zum Tragen. Typische Anwendungsbeispiele, bei denen eingesetzte  Materialien auf ihre elektrische Leitfähigkeit geprüft werden, sind:

  • Herstellung von Leiterplatten (PCBs): Messung der elektrischen Leitfähigkeit von galvanisiertem Kupfer 
  • Prüfung der Ableitfähigkeit von Bauteilen: unter anderem im Flugzeugbau zur Sicherstellung der Funktionalität bei Materialbelastungen, wie einem Blitzeinschlag
  • Prüfung der elektrischen Leitfähigkeit von Isolatoren: beispielsweise im Einsatz für Stromleitungen 

Die elektrische Leitfähigkeit kann zudem zur Qualitätssicherung eingesetzt werden, da sie Rückschlüsse auf die Eigenschaften von Materialien ermöglicht. So kann festgestellt werden, ob ein Material für den vorgesehenen Einsatz geeignet ist.

Jedes Material hat eine spezifische elektrische Leitfähigkeit, die in einer gewissen Bandbreite variieren kann. Durch die Kombination verschiedener Werkstoffe bei Metalllegierungen, entsteht für diese Materialgruppe eine spezifische elektrische Leitfähigkeit.

Eine Messung der elektrischen Leitfähigkeit erlaubt das vorliegende Material zu bestimmen. Diese Messung zur Materialidentifikation wird in verschiedenen Branchen eingesetzt. Mögliche Anwendungen sind unter anderem:

  • Wareneingangsprüfungen in Produktionsbetrieben, um die gelieferte Materialqualität zu prüfen
  • Münzprägeanstalten, um den Einsatz der richtigen Materiallegierung sicherzustellen
  • Juweliere und Schmuckwarenhersteller, zur Unterscheidung der Materialgüte des verwendetes Goldes
  • Wertstoffhöfe, zur Trennung verschiedener Materialien wie beispielsweise Kupfer, Messing, Aluminium oder Titan

 

Wie kann die elektrische Leitfähigkeit gemessen werden?

Leitfähigkeitsmessung mit der Van-der-Pauw-Messmethode

Über die Van-der-Pauw-Messmethode kann die elektrische Leitfähigkeit einfach gemessen werden. Hierbei wird der  Spannungsabfall eines definierten eingeprägten Stromes erfasst. Durch den Messaufbau wird der elektrische Widerstand ermittelt, der bei bekannten Schichtdicken in die elektrische Leitfähigkeit umgerechnet werden kann.   

Van der Pauw Methode

Das Material wird über vier Stifte kontaktiert. Das Kontaktieren des Materials ist der fehleranfälligste Punkt, da die Kontaktqualität  entscheidend für die Messung ist. Die Qualität ist von verschiedenen Faktoren abhängig.Zum einen von eventuellen Verschmutzungen oder Unebenheiten auf der Oberfläche und zum anderen von dem Verschleiß der Kontaktspitzen.

In Serienanwendungen ist es daher schwierig, die elektrische Leitfähigkeit mit dieser Methode zu messen. 

 

Leitfähigkeitsmessung über Wirbelstrom

Wechselmagnetfelder erzeugen in leitfähigen Materialien Wirbelströme, die entgegengesetzt zum eingebrachten Primärfeld wirken. Diese Wechselwirkung kann durch Sekundärinduktivitäten gemessen werden. Leitfähige Materialien haben aufgrund der Wirbelstromausbildung eine Auswirkung auf die Amplitude und Phase des Sekundärfeldes. 

Die Phasenverschiebung zwischen Primär- und Sekundärfeld kann als Maß für die elektrische Leitfähigkeit verwendet werden. Durch eine Kalibrierung der Phasenverschiebung in Bezug auf die Leitfähigkeit kann ein Wirbelstrommessgerät für die Messung der elektrischen Leitfähigkeit eingesetzt werden. 

Der große Vorteil der Wirbelstrommessung ist, dass sie kontaktlos erfolgt. Damit ist sie zum einen in Bezug auf den zu prüfenden Bereich nicht zerstörend und zum anderen unbeeinflusst durch die Oberflächenqualität. 

Der Abstand der Wirbelstromsonde zur Messoberfläche hat einen großen Einfluss auf die Messgenauigkeit. Daher besitzen die auf dem Markt erhältlichen Wirbelstrommessgeräte in der Regel die Funktion, den Abstand von der Sonde zum Messobjekt zu erfassen. 

Die Leitfähigkeit ist stark abhängig von der Temperatur. Unterscheidet sich die Temperatur des Prüflings von der der Messsonde, so stimmt die Kalibrierungskurve zur Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit nicht mehr. Für eine exakte Messung muss daher der Sensorkopf thermisch an das zu prüfende Bauteil gekoppelt werden, um ein einheitliches Temperaturniveau zu erhalten. 

Eine weitere Herausforderung ist die Messung der Leitfähigkeit an einer gekrümmten Oberfläche, wie sie beispielsweise bei einer Welle vorliegt. Die Messung wird erschwert, wenn der Durchmesser des Sondenkopfes deutlich größer ist, als der Radius der zu messenden Fläche. Hierfür kann ein Wirbelstrommessgerät zusätzlich auf verschiedene Radien kalibriert werden. Wichtig für eine exakte Messung ist, dass der Messung erforderliche Radius verwendet wird. 

Die Ausbildung der Wirbelströme und das damit erzeugte Sekundärwechselfeld ist zudem  abhängig von der verwendeten Frequenz. Wirbelströme bilden sich erst ab einigen hundert Herz bis zu etlichen Kiloherz aus. Je höher die verwendete Frequenz, desto größer werden die Wirbelströme. Bei sehr dünnen zu messenden Schichten sind daher sehr hohe Frequenzen bis zu einem Megaherz erforderlich. Die Kalibrierung des Wirbelstrommessgerätes muss aus diesem Grund bei verschiedenen Frequenzen durchgeführt werden. Bei sehr hohen Frequenzen und elektrischen Leitfähigkeiten steigen die Anforderungen an die Messhardware stark an, da die Sensitivität, d.h. die Phasenänderung, durch die Leitfähigkeit nur sehr gering ist. 

Ein großer Vorteil von Wirbelstromgeräten ist die Möglichkeit der  automatisierten Serienprüfung direkt in der Produktion. Durch die sehr schnellen Messabläufe und die kontaktlose Methodekönnen Messungen mit einer hohen Reproduzierbarkeit durchgeführt werden.

 

Produktlösung von FOERSTER zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit

FOERSTER hat mit dem SIGMATEST ein etabliertes und zuverlässiges Messgerät im Portfolio zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit. Das SIGMATEST ist zum Beispiel für viele Wartungsanwendungen in der Luftfahrt freigegeben. In der Industrie findet es Anwendung in der Qualitätskontrolle von Fertigungsprodukten, der Prüfung von Materialkombinationen sowie der Sortierung von Metallen, Legierungen oder Wertstoffen. Die Bestimmung von Hitzeschäden und der prozessbegleitenden Inspektion in der Fertigung und Verarbeitung der Metallurgie sind weitere Einsatzfelder.

Sigmatest

Fünf unterschiedliche Prüffrequenzen und eine sehr hohe Messgenauigkeit kennzeichnen das portable Messgerät. Auch bei einer hohen Frequenz von 960 kHz erreicht das Gerät eine sehr hohe Messgenauigkeit. Dadurch können auch sehr dünne Werkstoffe exakt gemessen werden. Zudem kann das Messgerät durch die eingebaute Temperaturkompensation automatisch den Messwert der elektrischen Leitfähigkeit auf 20°C normieren.